El Clásico (der "Killeramp")

El Clásico ist eigentlich ein recht unspektakulärer, ziemlich gewöhnlicher Gegentaktendverstärker, dessen Schaltungstopologie an eine RCA-Applikation aus dem Jahre 1974 angelehnt ist.

Diese RCA-Applikation wurde von der Schweizer Audiofirma FM-ACOUSTICS unter der Bezeichnung FM 300A in den frühen achtziger Jahren leicht modifi-ziert für sehr viel Geld auf den Markt gebracht. Der hohe Preis wurde damit begründet, dass jedes Bauteil einzeln gemessen und selektiert wurde. Naja, irgendwie muss man ja eine Gewinnspanne von vielen 100% rechtfertigen ;-)

Die Kosten für die Schaltungsentwicklung konnten wohl kaum für den mehr als ambitionierten Verkaufspreis verantwortlich gewesen sein, denn die haupt-sächliche Entwicklungsarbeit hatten die RCA-Ingenieure schon knapp zehn Jahre vorher geleistet.

 

Seit einigen Jahren sind nun mehrere Clone der FM 300A aus chinesischer Produktion im Umlauf, denen man in einschlägigen Audio-Foren zum Teil klangliche Wunderdinge nachsagt.

So wurde mein Interesse geweckt, diesen Verstärker mal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Zuerst hatte ich vor, einen China-Clone über eine bekannte chinesische Internet-Plattform zu erwerben. Da aber recht viele dieser Clone in unter-schiedlichen (qualitativen) Ausführungen existieren und ich auch keine große Lust hatte zur Entrichtung eventuell anfallender Zollgebühren das Kölner-Hauptzollamt aufzusuchen, entschied ich mich einen FM 300A-Clone in Eigenregie aufzubauen. Da entsprechende Schaltpläne im Internet verfügbar sind, war dieses Unterfangen auch recht problemlos umsetzbar.

Ein passender Netztrafo, Netzteil-Elkos und eine große Kühlkörperwanne einer leistungsstarken, defekten Kfz-Endstufe waren schon vorhanden, was die Kosten für den Aufbau extrem reduzierte.

Leider sind die Originaltransistoren schon lange nicht mehr erhältlich, so dass ich mich entschied moderne, neuzeitliche Typen zu verwenden, die ich noch vorrätig in der Bastelkiste fand. Die eigentliche Schaltungstopologie wurde aber bis auf kleinere Anpassungen beibehalten.

 

Kanalgetrennt aufgebaut auf zwei Lochrasterplatinen, die Endtransistoren iso-lierend an die Kühlkörperwanne geschraubt, sowie nach einigen Tagen testen und messen, ging es dann endlich ans Musikhören. Und schon nach kürzester Zeit war klar ... dieser Amp klingt einfach nur exzellent gut! Je länger ich hörte, desto mehr kam ich zu der Überzeugung, dass der FM 300A-Clone klanglich der SE 60 spez. sehr ähnlich ist. Alles kam mir sehr vertraut vor.

Also kramte ich meine kleine, selbstgebaute Umschaltbox hervor und schloss die SE 60 und den FM 300A-Clone an. Über einen Eingangsspannungsteiler wurde die höhere Spannungsverstärkung (30,4dB) die der SE 60 (20dB) ange-glichen. Über eine kabelgebundene Fernbedienung der Umschaltbox ist es möglich, relaisgeschaltet zwischen maximal 3 Verstärkern umzuschalten.

Und meine Vermutung wurde absolut bestätigt, beide Verstärker klangen in der Tat sehr ähnlich.

Dies ist insofern mehr als ungewöhnlich, als dass alle anderen Endstufen die ich bisher gehört hatte, klanglich mal mehr oder weniger unterschiedlich im Vergleich zu der SE-Verstärkerserie klangen. Ob besser oder schlechter sei mal dahingestellt, dies ist ja eine rein subjektive Meinung, aber sie klangen unterschiedlich. Diese Unterschiede waren auch praktisch sofort hörbar, ohne erst einen AB-Vergleich mittels Umschaltbox durchführen zu müssen.

Dieser Clone ähnelt klanglich der SE 60 jedoch ungemein und das, obwohl die Schaltungstopologien beider Verstärker unterschiedlicher kaum sein könnten.

 

Auf der einen Seite ein minimalistisches MOSFET-Verstärkerkonzept mit recht geringer Open-Loop-Verstärkung, absolut gleichspannungsgekoppelt, mit einer modifizierten SRPP-Ausgangsstufe und hohem Ruhestrom.

Auf der anderen Seite ein reines Bipolartransistor-Verstärkerkonzept mit durch-aus recht hoher Open-Loop-Verstärkung, nicht gleichspannungsgekoppelt, mit einer quasikomplimentären Gegentakt-Ausgangsstufe und eher geringerem Ruhestrom.

 

Im Laufe der Zeit und bei längerem Vergleich, stellten sich dann aber doch kleinere Unterschiede heraus.

So ist die Hochton- und etwas stärker ausgeprägt die Mitteltonauflösung des FM 300A-Clones etwas schlechter als die der SE 60. Diese separiert Sänger und Sängerinnen mehrstimmiger Gesangsparts ein wenig besser. Gut nachzuvollziehen z.B. bei dem Stück "Good friends" der SHEFFIELD LAB LP "The usual suspects". Dort werden die Background vocals besser vom Lead-Gesang getrennt. Auch sind feine Ausschwingvorgänge von Gitarrensaiten oder Hi-Hats ein wenig besser aufgelöst.

Der absolute Tiefbassbereich wird nicht ganz so mächtig und eine Winzigkeit weicher dargestellt. Hörbar ist dies z.B. bei Al di Meolas Stück "The embrace" der in-akustik-LP "Kiss my axe". Aber dies sind alles eher recht geringe Unter-schiede und sie fallen eigentlich erst deutlicher, bei einem direkten Vergleich über die Umschaltbox auf.

 

Wenn man bedenkt, dass der Bauteilaufwand des FM 300A-Clones um ein Vielfaches geringer ist als der der SE 60, ist das klangliche Endergebnis ein-fach nur als absolut überragend zu bezeichnen.

Ich habe bei meinem Aufbau nur einen 300VA-Trafo für beide Verstärkerkanäle benutzt. Jeder Kanal hat lediglich 10 Panasonic "FC" Elkos à 2200µF/50V. Der Eingangskoppelkondensator ist ein einfacher und preiswerter WIMA MKS-Typ. Es werden, im Gegensatz zur SE 60, lediglich Standard-Bauteile verwendet, keine teure "Boutiqueware", wie amagnetische Dale Widerstände und Styroflex-Kondensatoren. Gar nicht auszudenken, was der Verstärker klanglich eventuell noch zulegen könnte, wenn der gleiche Bauteilaufwand wie bei der SE 60 getrieben würde.

 

Da bei diesem Verstärker keine Transistoren aufwändig gemessen, selektiert und gepaart werden müssen, ist ein Nachbau wesentlich einfacher zu bewerk-stelligen. Um einiges preiswerter ist der Clone auch noch. Außerdem beträgt die Ausgangsleistung rund das Doppelte der SE 60, ein klarer Vorteil beim Anschluss wirkungsgradschwächerer Lautsprecher.

Das hat mich alles so sehr überzeugt, dass ich mir die Mühe gemacht habe eine Aufbauanleitung, sowie ein Platinenlayout zu erstellen, womit ein Nach-bau sehr vereinfacht wird.

Mit den Gerberdaten ist es möglich, einen Platinenhersteller mit der Fertigung zu beauftragen und somit professionell gefertigte Platinen zu erhalten.

Für Tipps zur Bestellung von Platinen, bitte hier klicken.

 

Ich kann wirklich nur Jeden ermutigen, diesen Verstärker aufzubauen!

 

Für einen überschaubaren monetären Einsatz erhält man einen exzellent aufspielenden Verstärker, der als Fertiggerät die Geldbörse mit absoluter Sicherheit recht stark belasten würde.

Wer ein wenig mehr Geld investieren kann oder investieren möchte, sollte das Netzteil großzügiger auslegen. Insbesondere machen sich leistungsstärkere Trafos und mehr Siebkapazität praktisch immer positiv bemerkbar. Klanglich vorteilhaft wird sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Tausch des Eingangskondensator gegen einen hochwertigeren Typ auswirken. Das könnte den Verstärker klanglich noch einmal ein Stück nach vorne bringen.

Aber auch in der hier veröffentlichen preiswerten Standardausführung braucht der Amp kaum einen Gegner fürchten.

 

Das "Ding" ist klanglich einfach nur spitze!!!

 

 

Ich habe diesem Verstärkermodul dann den Namen El Clásico gegeben, in Anlehnung an sein typisch klassisches Verstärkerkonzept (doppelter Differenz-verstärker und quasikomplementäre Gegentaktendstufe) und auch in Anleh-nung an den ewigen Fußball-Klassiker zwischen den beiden spanischen Topp-Mannschaften FC Barcelona und Real Madrid.

 

 

 

Unten noch einige Bilder meines finalen Aufbaus nach Tausch der Lochraster-platinen gegen professionell gefertigte Platinen, mittels der von mir hier bereit-gestellten Gerberfiles.

Aufbauanleitung El Clásico.pdf
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Schaltplan El Clásico.pdf
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Bestückungsplan El Clásico.pdf
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Layoutansicht El Clásico.pdf
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Fotoansicht (oben) El Clásico.pdf
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Fotoansicht (unten) El Clásico.pdf
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Gerberdaten El Clasico.zip
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letzte Änderung

- 23.01.2024 -

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